Veranstaltungbericht: Vielfalt im Fokus – Neue Perspektiven im Film

„Die Novellierung des Filmförderungsgesetzes (FFG) eröffnet die Chance, eine Erzählung für Deutschland zu gestalten, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Vielfalt fördert, anstatt Ausgrenzung und Spaltung zu verstärken,“ so eröffnete Tyron Ricketts, Produzent und Schauspieler das erste Panel des öffentlichen Fachgesprächs zu Diversität im Film, das sich der Expertise und Erfahrungen diverser Filmschaffender gewidmet hat.

Auf Initiative von Awet Tesfaiesus lud die grüne Bundestagsfraktion Ende Januar 2024 zu einem Fachgespräch in den Deutschen Bundestag. Anwesend waren Filmschaffende, Interessierte sowie Staatsministerin Claudia Roth und die Abgeordneten Awet Tesfaiesus und Michael Sacher.

Im Zentrum der Diskussion stand die Neugestaltung der deutschen Filmlandschaft angesichts der bevorstehenden Reform des Filmförderungsgesetzes (FFG) und das Thema Diversität im Film. Staatsministerin Roth brachte in ihrem Grußwort die Wichtigkeit neuer Geschichten und Perspektiven zum Ausdruck: „Wenn wir Geschichten erzählen und sehen, die neu sind, eröffnen wir andere Blickwinkel, schaffen wir Kreativität und mehr Verständnis füreinander.“

Im Austausch wurde die dringende Notwendigkeit, die Vielfalt der deutschen Gesellschaft sowohl vor als auch hinter der Kamera authentisch widerzuspiegeln, insbesondere im Zusammenhang mit der Reform des FFG betont. Bisher prägen vor allem Geschichten homogener Gesellschaftsgruppen das Bild der Filmlandschaft. In der vom Bündnis Vielfalt im Film initiierten Online-Umfrage von 2020 zeichnete sich ab, dass in der deutschen Filmbranche Diskriminierung für viele Realität ist und damit auch die Teilhabe von Filmschaffenden mit unterschiedlichen Vielfaltsbezügen eingeschränkt ist. Eine breitere Palette von Perspektiven würde nicht nur den kulturellen Reichtum, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im internationalen Kontext stärken.

Beim Impulsvortrag von Filmemacherin Canan Turan lag ein besonderes Augenmerk auf der Schaffung von Zugängen und der Sicherstellung von Chancengerechtigkeit, um das volle Potenzial an Talenten auszuschöpfen. Die Produzentin und Schauspielerin Sara Fazilat kritisierte die gegenwärtige ausgrenzende Struktur in der Ausbildungs- und Förderlandschaft. Die Notwendigkeit, neben dem Studium zu arbeiten, erschwert vielen marginalisierten Filmschaffenden jedoch einen barrierefreien Zugang zur Filmbranche. Daher ist es entscheidend, die Vielfalt der sozioökonomischen Hintergründe besser zu verstehen und zu berücksichtigen.

Die Regisseurin und Schauspielerin Sheri Hagen verwies auf die beispielhafte Diversitätsförderung im britischen Filmsektor, wo Maßnahmen zur Integration marginalisierter Gruppen in alle Bereiche des Films implementiert wurden. HessenFilm und die MOIN Filmförderung wurden ebenfalls als positive Beispiele in der deutschen Filmlandschaft angeführt. Ähnliche Ansätze könnten laut einiger Expert*innen für die Bundespolitik relevante Lösungen bieten. Barbara Rohm, Gründerin des culture change hub hob hervor, dass Deutschland mehr von den Lehren des österreichischen Modells profitieren sollte.

Der Regisseur Dieu Hao Do betonte, dass zur Stärkung der Vielfalt im deutschen Filmsektor Schutzmaßnahmen am Set, die Einsetzung von Vertrauenspersonen sowie klare Sanktionen bei Machtmissbrauch und Diskriminierung unerlässlich sind. Kreatorin und Schauspielerin Lara-Sophie Milagro hob hervor, dass ein bewusster und verantwortungsvoller Umgang seitens der Darsteller*innen und Filmemacher*innen erforderlich ist, wenn es um die Nutzung von Humor über marginalisierte Gruppen geht.

Insgesamt sind Machtbewusstsein und die aktive Einbeziehung verschiedener Perspektiven unabdingbar, um eine inklusive und vielfältige Filmindustrie zu etablieren.

Die von Staatsministerin Claudia Roth vorgeschlagenen Maßnahmen zur Förderung von Diversität und Gleichberechtigung, sowohl auf politischer als auch auf praktischer Ebene, markieren einen wichtigen Wendepunkt. Schauspieler und Drehbuchautor Leonard Grobien formulierte es so: „Andere Menschen mutig machen ist auch Teil der eigenen Reise“.

Es liegt nun an allen Beteiligten, diese Impulse aufzugreifen und konkrete Schritte zur Umsetzung einer Filmlandschaft zu unternehmen, die das gesamte Spektrum der deutschen Gesellschaft repräsentiert und deren Potenzial in vollem Maße nutzt.