Erinnerungskultur wichtiger denn je

MdB Tesfaiesus spricht sich für den Erhalt der alten Synagoge Harmuthsachsen aus

Gemeinsam besuchten die lokale Bundestagsabgeordnete Awet Tesfaiesus (Bündnis 90/Die Grünen), das Bündnis für Demokratie Waldkappel und engagierte Bürger*innen aus der Region die alte Synagoge in Harmuthsachsen. Ludger Arnold, aus dem Vorstand des Vereins der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis, führte die Gruppe über das Gelände. Er erzählte von dem langjährigen und umfangreichen ehrenamtlichen Engagement für das Gedenken an jüdisches Leben im Werra-Meißner-Kreis, das von der Besuchergruppe geachtet und wertgeschätzt wird.

Nach langem Ringen hat der Verein es geschafft, die einzige erhaltenen Scheunen-Synagoge in Hessen zu erwerben. Das Hauptgebäude der Synagoge wurde bereits in den 90ern in einer Kooperation mit der Werkstatt für Junge Menschen, unter damaliger Leitung von Bernd Hirschfelder, der ebenfalls am Spaziergang teilnahm, restauriert.


In der bedrückend-nostalgischen Atmosphäre der Gemäuer des alten Lehrerhauses entfalteten sich ernste Gespräche. Die Schule war damals gut ausgelastet, denn in Harmuthsachsen hatten 25 % der Bürger*innen jüdischen Glauben.

Heute gibt es keine einzige Jüdische Familie mehr.


Es dauerte nicht lange, bis sich der Gesprächsbogen zu aktuelleren Ereignissen im Werra-Meißner-Kreis spannte: Übergriffe auf jüdische Menschen, Hakenkreuze oder Hitlerrufe auf den Straßen oder rechte Zeitschriften, die in lokalen Supermärkten verkauft werden.

Die Runde ist sich einig: Wenn sich die NS-Vergangenheit in erschreckenden Parallelen wiederholt, ist Erinnerungskultur wichtiger denn je.


Der Verein Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis plant, in den Räumen der alten Schule einen multimedialen Museums- und Lernort für jüdische Regionalgeschichte zu schaffen. Das ursprüngliche Gemäuer soll dabei bestmöglich erhalten werden.


Bundestagsabgeordnete Tesfaiesus sprach sich dafür aus, dieses Vorhaben zu unterstützen: „Zeitzeugenwissen liegt bei Einzelpersonen und wird oft erst im Sterbebett, im Familienkreis geteilt oder mit ins Grab genommen. Es ist schade, wenn diese Geschichten verloren gehen. Menschen lernen von konkreten Geschichten aufmerksamer als aus Zahlen. Auch für die Familien der Opfer, die das Geschehen in der ehemaligen Heimat weiterhin verfolgen, ist Gedenken enorm wertvoll.“


Andere Teilnehmende der Runde bekräftigten, dass Schweigen und Scham rund um die Judenverfolgung einer Aufarbeitung der Geschichten im Wege stünden. Baustellen wie etwa die Freilegung der Mikwe oder die Zugänglichmachung des Lehrhauses, die Engagement und Mittel benötigen, stehen noch an. Dass sich jüdische Menschen in den Ort mit einbringen, ist ein Wunsch, an dem die Engagierten arbeiten.