Zum heute erzielten politischen Trilog-Ergebnis zur Deregulierung Neuer Gentechnik bei Pflanzen erklärt Awet Tesfaiesus, Mitglied im Rechtsausschuss und Berichterstatterin für Patent- und Wettbewerbsrecht der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen:
„Das Verhandlungsergebnis ist ein rechtspolitischer Rückschritt. Das europäische Vorsorgeprinzip wird geschwächt, während Patente auf Neue-Gentechnik-Pflanzen weiterhin möglich bleiben. Damit wird der Weg frei für mehr Konzernmacht, weniger Vielfalt und zunehmende Rechtsunsicherheit für Züchter*innen und Verbraucher*innen.“
Besonders kritisch bewertet Tesfaiesus, dass das Trilog-Paket zentrale Schutzmechanismen der EU-Gentechnikregulierung verwässert:
Erstens bleibt ein Patentverbot aus. Patente auf Pflanzen und biologische Züchtungsverfahren begünstigen große Agrarkonzerne und gefährden die Existenz kleiner und mittelständischer Züchtungsbetriebe. „Statt Innovation zu stärken, drohen Marktverzerrungen und ein Verlust an Wettbewerb und Züchtungsvielfalt.“
Zweitens fehlen künftig grundlegende Transparenz- und Kontrollmechanismen: keine verpflichtende Kennzeichnung, keine Rückverfolgbarkeit und kein Monitoring gentechnisch veränderter Pflanzen. „Damit verlieren Verbraucher*innen ihr Recht auf Wahlfreiheit und der Staat die Möglichkeit, Risiken im Blick zu behalten. Auch für die rechtliche Haftung und den Nachweis im Schadensfall sind diese Lücken fatal.“
Drittens sollen Zulassungsverfahren beschleunigt werden, ohne eine umfassende Risikobewertung sicherzustellen. „Ein solches Vorgehen gefährdet die Rechtssicherheit und öffnet Konflikten und Klagen Tür und Tor – nicht nur zwischen Unternehmen, sondern auch zwischen Staaten.“
Tesfaiesus kritisiert zudem, dass im Verlauf der Verhandlungen wesentliche Forderungen des Europäischen Parlaments – wie Patentverbot, Transparenzpflichten und Monitoring – durch die konservative Verhandlungsführung aufgegeben wurden. „Wenn europäische Gesetzgebung einseitigem Lobbydruck und politischen Zeitvorgaben weicht, leidet die demokratische Legitimation. Die gentechnikfreie Landwirtschaft und der Wettbewerb zahlen den Preis.“


