In Reaktion auf das Sommerinterview von Kulturstaatsminister Weimer äußern sich Awet Tesfaiesus und Marlene Schönberger, die für die Grüne Bundestagsfraktion im Kulturausschuss sitzen:
„Wer Erinnerungspolitik gegeneinander ausspielt, spaltet, statt zu erinnern. Die Singularität der Shoah ist unbestritten – sie bleibt unvergleichlich. Aber sie darf kein Vorwand sein, um andere historische Unrechtserfahrungen aus dem kollektiven Gedächtnis zu drängen“, so Awet Tesfaiesus.
Die Präzedenzlosigkeit der Shoa wird von verschiedenen Seiten bestritten. Unsere Erinnerungskultur steht massiv unter Druck. Da sind die Einlassungen von Kulturstaatsminister Weimer nur wenig hilfreich. Zum ersten Mal wünscht sich eine Mehrheit den Schlussstrich unter die NS-Vergangenheit. Gedenkstätten und -orte wirken dem entgegen, gerade deshalb treten dort derlei Akteure besonders aggressiv auf. Deshalb brauchen diese Einrichtungen jetzt unsere Rückendeckung,“ stellt Schönberger fest.
Hinzu verweist die Abgeordnete auf die Erfolge, die bereits in der letzten Legislatur erzielt wurden:
„Nach anfänglichen Startschwierigkeiten hat man es im letzten Jahr geschafft, viele Praktiker*innen der Gedenkstättenlandschaft an einen Tisch zu bekommen. Die Überzeugung, dass unsere Erinnerungskultur sich auch mit den deutschen Kolonialverbrechen beschäftigen muss, und dass das sehr wohl gelingen kann, ohne die Präzedenzlosigkeit der Schoa anzuzweifeln oder NS-Erinnerungskultur herabzustufen, wurde breit getragen. Jetzt die Rolle rückwärts, damit ist niemandem geholfen. Wir sollten auf dem Aufbauen, was erreicht wurde: Das bedeutet den bereits begonnenen Prozess fortsetzen, statt Konkurrenzen herbeizureden, die es zwischen den Praktiker*innen nicht gibt.“
Statt mit einem neuen Gedenkstättenkonzept Gräben aufzureißen, sollte die Bundesregierung aus Sicht der Grünen den Weg der pluralen Erinnerung fortsetzen: „Wir erwarten, dass ein zeitgemäßes Erinnerungskonzept die vielfältigen Dimensionen deutscher Verantwortung in den Blick nimmt – auch die Verbrechen des Kolonialismus. Nicht als Relativierung, sondern als ehrliche Auseinandersetzung mit unserer Geschichte“ so Awet Tesfaiesus weiter.
Die Äußerung, das Konzept der Vorgängerregierung sei gescheitert, weisen die Grünen entschieden zurück „Die letzten Jahre waren ein wichtiger Schritt hin zu einer inklusiveren Erinnerungskultur. Dass verstärkt Orte kolonialen Unrechts, Schwarze und diasporische Perspektiven und Stimmen von Sintizze und Romnja in Gedenkkontexte einbezogen wurden, war längst überfällig. Wir lassen nicht zu, dass die Erinnerungspolitik zurück in nationale Engführungen fällt. Gedenken darf niemals exklusiv, sondern muss demokratisch, lernfähig und solidarisch sein“, fordert Awet Tesfaiesus.
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