Die geplanten Strukturreformen der documenta wurde im Kulturausschuss des Bundestags am Mittwoch, den 6. Juni 2024, diskutiert.
Awet Tesfaiesus, Obfrau im Kulturausschuss, resümiert aus der Debatte im Kulturausschuss: „Antisemitismus und jede andere Form von Diskriminierung muss in allen Formen bekämpft werden. Zugleich muss selbstverständlich die verfassungsrechtlich verankerte Kunstfreiheit immer geschützt bleiben. Antisemitisches Verhalten und Diskriminierungsformen sehen wir derzeit in vielen anderen Kultureinrichtungen und Hochschulen. Die documenta hat mit den neuen Strukturreformen nun eine Chance, als gutes Beispiel für die gesamte Kulturszene voranzugehen und Plattformen für dringend nötigen Dialog zu bieten.“
In der Folge der Antisemitismusvorfälle auf der documenta 15 haben die Gesellschafter, die Stadt Kassel und das Land Hessen, eine Aufarbeitung und Analyse durch die fachwissenschaftliche Begleitung unter der Federführung von Prof. Dr. Nicole Deitelhoff beauftragt und auf deren Abschlussbericht aufbauend eine umfassende extern begleitete Organisationsentwicklung der documenta und Museum Fridericianum gGmbH und ihrer Gremienstrukturen veranlasst, die im Mai 2023 startete. Die damit beauftrage Metrum Unternehmensberatung hat – basierend auf rund 50 Hintergrundgesprächen, Workshops und Fokusgruppen sowie diversen Unterlagen – im Abschlussbericht Empfehlungen ausgesprochen. Diese betreffen die Governance-Struktur ebenso wie die Ablauf- und Aufbauorganisation.
Die Beschlüsse des documenta-Aufsichtsrats zur Umsetzung der fünf zentralen Empfehlungen aus dem Abschlussbericht der Organisationsentwicklung wurden am 6. Juni mit den Aufsichtsratsmitgliedern Timon Gremmels, Hessischer Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, Dr. Sven Schoeller, Oberbürgermeister der Stadt Kassel, Kulturstaatsministerin Claudia Roth und den Abgeordneten des Kulturausschusses im Bundestag diskutiert.
Der Fokus der Debatte richtet sich auf wirkungsvolle Maßnahmen gegen Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit bei vollständigem Schutz der Kunstfreiheit. Ein zentrales Ergebnis dieses Aushandlungsprozesses ist, dass an Stelle des Konzeptes von zwei Codes of Conducts lediglich der documenta und Museum Fridericianum gGmbH als Trägergesellschaft die Erstellung eines Codes of Conduct auferlegt werden soll. Er bildet den Orientierungsrahmen für die Arbeit der documenta. Der Künstlerischen Leitung wird die Entwicklung eines eigenen Codes of Conduct demgegenüber nicht zur Auflage gemacht. Stattdessen soll im regulären Veranstaltungslauf der documenta frühzeitig nach der Berufung der Künstlerischen Leitung eine gemeinsam mit der documenta und Museum Fridericianum gGmbH ausgerichtete öffentliche Veranstaltung vorgesehen werden, bei der die Künstlerische Leitung ihr künstlerisches Konzept vorstellt und hierbei auch darlegt, welches Verständnis sie von der Achtung der Menschenwürde hat und wie deren Wahrung, auf der von ihr kuratierten Ausstellung sichergestellt werden soll.
MdB Tesfaiesus begrüßt die Entscheidung gegen die Selbstverpflichtung der künstlerischen Leitung zu einem Code-of-Coduct: „Ein Veranstaltungsformat bietet die Möglichkeit des Spagats von frühzeitigem Dialog, ohne die künstlerische Freiheit einzuengen. Es bleibt zu hoffen, dass die Ausgestaltung des Formats keine Verhörsituation oder Exklusion erzeugt, sondern weiterhin Gastfreundschaft und eine respektvolle Dialogeinladung an die künstlerischen Leitungen ausstrahlt.“